Nachdem wir wieder einigermaßen hergestellt sind und unseren Bericht abgeliefert haben, mache ich mich mit Isonzo auf in die Stadt um neue Kleidung zu kaufen. Kaldrim hat sich wohl in sein Zimmer verkrochen und auch die anderen haben sich eher zurückgezogen. Dschafar ist zurück nach Fasar aufgebrochen und so machen wir uns alleine auf.
Ich kaufe mir einen neuen Umhang mit tiefliegender Kapuze, denn meine seltsamen Echsenaugen sind wohl seit Andalkan geblieben und manch einer weicht erschreckt zur Seite, als er mir in die Augen schaut. Ich decke mich mit neuer Kleidung ein, Waffenpflegeutensilien und ein paar Leckereien und kehre zurück zur Akademie. In der Akademie selbst begegnet man mir unterschiedlich, manchmal neugierig, aber auch oft eher ausweichend.
Am Nachmittag suche ich das Stadtarchiv auf und erkundige mich nach dem Ort Rulat. Es ist eine Insel im Perlenmeer vor der Küste Tobriens. Sie ist eine Gefängnisinsel für Reichsverräter und Answinisten. Wenn Xeraan davon etwas faselte, wird es dort sicherlich bald beginnen. Auch Sadragon sagte etwas von Tobrien. Eine Insel ist bekanntlich ein guter Stützpunkt und wenn ER dort die Gefangenen befreit, werden sie IHM auch zur Seite stehen. Man sollte die Flotte informieren.
Als ich zurückkehre, suche ich die hiesige Spektabilität auf und versuche mehr über Xeeran zu erfahren. Geboren wurde er wohl in Darpatien. Das Informationsinstitut in Rommilys lehnte ihn als Schüler an und so studierte er an der Illusionsakademie in Mendena. Doch ein Jahr vor Beendigung seiner Ausbildung wurde er aus der Akademie geworfen, da er verbotene Schriften gelesen und verbreitet hatte. Ebenso wurde er auch aus der grauen Gilde ausgeschlossen. Anscheinend gilt er auch als extrem goldgierig. Er erpresste einst Karlof von Warunk und schickte ihm Dämonen auf den Hals. Ebenso entfesselte er in Warunk einen Nachtdämon der von Rakorium Muntagonus und Raidri Conchobair besiegt wurde. Doch wurde er von den Pfeilen des Lichts aufgespürt und verlor all seine Beute. Für das Feuer an der Akademie in Mendena sei er auch verantwortlich, da sie in Brand geriet, als Xeraan sie ausrauben wollte. Angeblich soll er sich auch mit den Amazonen in Kurkum angelegt und Grabkammern in Rashdul geplündert haben. Er gilt wohl als einer der kriminellsten Magier unserer Zeit, von Borbarad mal abgesehen. Vor einigen Jahren gab es in Ruthor einen seltsamen Kinderraub, bei dem an die 150 Kinder verschwanden, dieser geht wohl auch auf seine Kappe. Dessen bin ich mir auch ziemlich sicher. Dennoch kann sie mir auch nicht sagen, was er mit diesen Kindern genau angestellt hat.
Um die ganzen Informationen erstmal sacken zu lassen, begebe ich mich wieder auf mein Zimmer und denke nach...
Am nächsten Morgen begebe ich mich nochmals zu Prishya und berichte ihr von dem was Xeraan zuletzt sagte. Ich bitte Sie darum, alle nötigen Schritte einzuleiten um die Seeflotte davon zu überzeugen auf Rulat aufzupassen. Denn ich bin sicher, dass ER dort zuschlagen wird und von dort aus der Angriff auf Tobrien beginnen wird.
Danach suche ich nach dem Ordenshaus der Grauen Stäbe und hoffe auf jemanden, der mir Gehör schenkt. Auch ihnen berichte ich von Xeraans letzten Worten und bitte Sie die nötigen Schritte einzuleiten um nicht überrascht zu werden. Eventuell könnten Boten nach Perricum entsandt werden zur ODL!?
Zu guter Letzt begebe ich mich sogar noch zur heiligen Inquisition und versuche auch dort zu mobilisieren. Mit 'da Vanya' als Leumund, sollte man mir zuhören und alles Nötige in die Wege leiten....
Ob sie es denn tun werden? Ich bin mir nicht sicher, ob man mir den nötigen Glauben schenkt. Vor allem die Inquisition hätte mich am liebsten dabehalten. Doch nach langer Diskussion, hat man mich ziehen lassen. Nun, ich habe es wenigstens versucht. Jetzt kann ich nur noch abwarten. Abwarten, dass man uns erneut ruft. Aber ich bin mir so sicher, dass es bald beginnt. Xeraan hat seinen Meister verraten! Es wird auf Rulat beginnen, doch wenn erneut diese riesigen Archen auftauchen, hat jegliche Flotte keinen Hauch einer Chance. Wieso ausgerechnet Tobrien? Wenn ich so drüber nachdenke, haben auch schon ganz andere schreckliche Dinge dort stattgefunden. Warunk liegt inmitten des Landes. Dort hatte Pher Drodont seine Höhlen, Xeraan hat dort Dämonen beschworen, Sadragon lebte ebenfalls in der Nähe. Irgendwie scheint dem Land sehr viel magische Macht innezuwohnen...
Als ich gegen Abend an meinem Fenster stehe und über Punin schaue, sehe ich Kaldrim in Begleitung einer jungen Dame. Wenigstens scheint es ihm gut zu gehen und doch - irgendetwas stimmt nicht. Das Gespräch ist keineswegs ein fröhliches mit charmanten Äußerungen wie stets, auch trägt er nicht wie gewöhnlich seine aufbauschende, elegante, mit Rüschen überdeckte Kleidung. Die Frau ist wie eine Tsa-Geweihte gekleidet in bunten regenbogenfarbenen Gewändern und auch sie spricht sehr ernst über irgendwelche Neuanfänge, doch dann entfernen sie sich und ich kann sie nicht weiter hören. Vielleicht täusche ich mich auch und es geht ihm nicht besonders gut.
Wir sollten nicht untätig hier rumsitzen. Wir sollten uns nach Tobrien aufmachen. Der Gedanke an die Kälte lässt mich frösteln. Nein den Winter über muss ich hier verweilen, ehe ich mir den Tod hole. Seit meinem Zeichen verkrafte ich die Kälte noch schlechter als früher. Aber dieses Nichtstun macht einen ganz nervös.
Am nächsten Morgen erwache ich und schrecke auf. Ich ziehe mich schnell an und eile zu Prishya. In all dem Trubel haben wir völlig unsere Pferde vergessen und ich frage nach ihnen. Sie befinden sich im Königlichen Kriegerseminar, der hiesigen Kriegerakademie und ich bedanke mich aufs äußerste und eile davon.
Ich ziehe mir wieder Rüstung an, gürte meinen Khunchomer und begebe mich zum Rondra-Tempel. Ich bete und bedanke mich für die Obhut der Leuin. Doch da ich davon ausgehe, dass Ardo bereits sicher hier war, mache ich mir nicht die Mühe hier auch noch zu mobilisieren, sondern eile zum Königlichen Kriegerseminar.
Man führt mich zu den Pferden und dankbar falle ich Soraya um den Hals. Die Pferde sind sehr gepflegt und muskulös und man berichtet mir, dass sie auch weiterhin ihre Trainingseinheiten bekommen haben, da dies hier schließlich eine Schule ist, die auf Pferde großen Wert legt. Ich schaue mich ein wenig um und tatsächlich ist ein Schwerpunkt der Schule der Reiterkampf und nachdem ich eine Weile zugesehen habe, packt mich die Lust und ich frage, ob ich ein wenig mittrainieren darf. Es wird mir gestattet und nach vier Monden sitze ich endlich wieder im Sattel und presche mit Soraya über den Platz, kämpfe mit Khunchomer und Speer gegen Holzpuppen und Bretter und muss gestehen, dass es nötig ist, wieder ein wenig Übung darin zu kriegen. Die skeptischen Blicke und manch höhnische Zurufe, die ich ernte, verstummen bald und man zollt mir mehr Respekt. Die Stimmung der Männer und Frauen mir gegenüber ist zweigeteilt. Manch einer ist einfach nur beeindruckt und will sich gerne mit mir messen, doch der ein oder andere weicht mir lieber aus und geht mir aus wem Weg. Auf meine Bitte hin wird mir gestattet, die nächsten Wochen weiter zu üben und erschöpft, aber glücklich, kehre ich zurück, nehme ein warmes Bad und genieße die brennenden Muskelschmerzen mit einem Lächeln im Gesicht.
Einige Tage später liege ich des Abends auf meinem Bett und starre an die Decke. Ich fühle mich erschöpft, ausgelaugt, am Ende. Ob es nicht doch noch zu früh ist für das harte Training?
Gedanken kreisen in meinem Kopf wirr umher. Ich hebe meinen nackten Armstumpf, starre auf die leicht geschuppte Narbe am Oberarm und fahre leicht mit dem Zeigefinger darüber. Es fühlt sich seltsam an und kühl. Fünf Monde ist es nun her, dass ich der Riesenechse gegenüber stand. Ich erhebe mich, geh zur Waschschüssel und schütte mir Wasser ins Gesicht. Dann warte ich ab, dass sich die Wasseroberfläche wieder beruhigt. Ich starre in mein Spiegelbild. Meine Haare sind ergraut und werden immer dünner. Ich sehe furchtbar aus. Kurzerhand hole ich mein Rasiermesser und fange an mir den Schädel kahl zu rasieren. Ich werde Ragnar fragen, ob er ihn mir bei Gelegenheit tätowiert. Als ich fertig bin, starre ich mich erneut an. Nicht wirklich besser, aber wenigstens aufgeräumter und weniger Arbeit.
Ich werfe mich wieder aufs Bett und zerbreche mir den Kopf über die letzten Monate und über meine Gefährten. Kaldrim habe ich schon einige Tage nicht mehr gesehen...
Salpikon, der Feigling, hat uns im Stich gelassen, aber was war auch schon wirklich anderes von ihm zu erwarten. Sind sie, wenns drauf ankommt, doch alle gleich. Große Töne spucken und dann kneifen. Borbarad hat uns erneut gezeigt wie machtlos wir doch sind. Ist er überhaupt aufzuhalten? Ich komme mir vor wie eine Marionette in einem schlechten Theaterstück. Dennoch will mein Innerstes den Sieg gegen ihn erringen. Überhaupt habe ich das Gefühl, ich bin oft nicht mehr ich selbst. Wenn ich an früher denke, mit meinen Glaubenskrisen und meinen ständigen Gefühlsausbrüchen, in denen ich nur noch geweint habe vor Kummer. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal geweint habe. Manchmal würde ich es gern. Doch jedes Mal, wenn ich die Kraft des Wächters in mir spüre, kommt es mir vor als verlöre ich einen Teil von mir selbst. Ich spüre dann die kalte Blutgier und es missfällt mir nicht mal. Erst lange hinterher lässt es nach...
Ich lasse nochmal unseren Angriff auf Andalkan revue passieren.... die beiden Rebellenschiffe, die wir abfackelten... Kaldrim hatte Recht, sie waren unschuldig. Doch in dieser Situation hatten wir keine Wahl. Und wen kümmern die schon? Ich sehe mein Dorf von damals vor Augen und sehe erschrockene Gesichter, die mich entsetzt anstarren, als können sie es nicht glauben. Manche Blicke strafen mich und ich versuche die Gedanken abzuschütteln. Keiner von ihnen war auf diesen Schiffen, wir lebten viel zu weit nördlich. Und wenn Darjinn schon Verrat begangen hat, dann waren sicher auch einige andere IHM verfallen. Meine Retter von damals sind entweder tot oder untot und nun seine Anhänger. Sulman hat dafür gesorgt, dass niemand überlebt hat. Also gibt es nichts was ich mir vorzuwerfen habe. Ein paar Männer mehr oder weniger, was macht das schon...
Darjinn! Diese Genugtuung ihn zu besiegen und doch kommen Erinnerungen an die schöne Zeit zurück.... Es gab einmal diese Zeit.... diese Zeit des Glücks... Jahre ist sie her... Hassan, Darjinn, Leonardo... sie alle gaben mir einmal das Gefühl von Glückseligkeit und Sicherheit... ich spüre wie sich in meinen Augen ein paar Tränen sammeln... ich sehe mich in dem wunderschönen Ballkleid über die Tanzfläche wirbeln in Kuslik....dann sehe ich Manila mit ihrem Baby auf dem Arm, das meinen Namen trägt und plötzlich bin ich ganz und gar die alte.... Ich weine, wie ich schon ewig nicht mehr geweint habe. Die Last meiner Bürde lässt mich für einen Moment ich selbst sein und meinen ganzen Körper schüttelt es vor Trauer um alle verlorenen Seelen. All diejenigen, die ich verloren habe, all die Kinder, die Xeraan, für sich benutzt hat, all die Unschuldigen Toten, die IHM zum Opfer fielen, und die, die wegen UNS starben, Adaque hat sich für mich geopfert, Sheranius starb für uns....zu guter Letzt kam Ardo im rechten Moment, doch was wenn er nicht gekommen wäre, oder sie ihn ebenfalls getötet hätten, vor meinen Augen...
Ich rolle mich auf der Seite zusammen und schließe die Augen, bis ich irgendwann im anhaltenden Tränenfluss in den Schlaf falle.
Einige Tage darauf, stehe ich wieder an meinem Fenster und blicke über die Stadt, als ich Kaldrim erneut mit dieser Tsa-Geweihten erblicke. Sie gehen Richtung Akademie und sie redet auf ihn ein, dann lacht sie herzlich auf, doch als Kaldrim auf unsere Fenster zeigt, verstummt sie plötzlich. Leise reden sie weiter, dann gibt sie Kaldrim ein Schriftstück und ein Beutelchen, verabschiedet sich mit einer Umarmung und geht. Was hat das nun wieder zu bedeuten?
Am Abend will ich Kaldrim direkt danach fragen und gehe zu seiner Kammer. Ich klopfe kurz und trete ein, doch er ist nicht da. Durch das Öffnen der Tür, weht ein Windzug herein und ein paar Blätter wehen vom Tisch. Ich hebe sie auf und werfe derweil einen kurzen Blick drauf. Einige sind wohl Versuche Graf Waldemar zu erklären, warum er seine Baronie aufgeben muss. Doch auch ein anderes Schriftstück fällt mir ins Auge. Die Zeilen verwirren mich...
"Du hast Leib und Leben erhalten, um dich dieses Geschenk würdig zu erweisen. Verschwende es nicht leichtfertig, füge dich in dein Los, und tue Gutes an dem Platz, an den du gestellt. Eine Erhöhung wird dir im neuen Leben zuteil, so du dich dem Frieden verschrieben und dein Leben im Dienst der Götter genutzt hast.
Aufbegehren bringt nur Verdruss und Missgunst, Neuerungen entstehen in DEINEN Händen und mit deiner Kraft und Güte überall dort, wo du bist und den Dienst der Götter tust. Ein wahrhaft Dienender der Götter weiß ihre Umsicht und ihr Wohlwollen in jeder Stufe zu schätzen, denn mannigfaltig sind sie und mannigfaltig ist auch das Sein. Ohne die Vielfalt wäre kein Leben. Ohne die Unterschiede reine Monotonie.
Freiheit bedeutet auch anzuerkennen, wer und was man ist. Erst wenn man dies vermag, ist man wahrhaft frei, denn das Gefängnis sind nicht die Mauern, die um dich herum bestehen, sondern jene, die dein Geist dir selbst vorgaukelt. Finde das was dich ausmacht, und gehe auf in dem, was die Götter dir geschenkt, denn jeder besitzt eine besondere Gabe, die in zu etwas Besonderem macht in all seiner Einzigartigkeit"
Tsara dyll Arkis
Darunter ist ein seltsames Symbol, wie ich es noch nie gesehen habe. Ein gleichmäßiger Kreis aus 8 Pfeilen. Ich sehe nach ob das Beutelchen, das sie ihm gab ebenfalls hier liegt, aber ich sehe es nicht. Ich lege die Dokumente wieder auf den Tisch und verlasse sein Zimmer wieder. Was hat das alles zu bedeuten? Es wird wirklich Zeit uns endlich mal auszutauschen. Wenn in der Gemeinschaft jeder nur das tut, was er denkt, werden wir ewig uneins sein...
Dennoch gehen mir diese Worte noch ewig nach... die Worte über Freiheit, wenn man anerkennt wer und was man ist.... ist es eine Gabe die Macht eines Leviathanim zu besitzen? Meist kommt es mir eher wie ein fürchterlicher Fluch vor... würde es mir leichter fallen und ich mich freier fühlen, wenn ich mein Zeichen als eine Gabe betrachte? ... und was hat Kaldrim mit diesen Worten und der TSA-Kirche zu tun? .... Über die Worte des Briefes sinnierend, fallen mir irgendwann die Augen zu...
Am Tag darauf mache ich mir über Kaldrim nicht mehr so viele Gedanken, aber dafür wieder mehr um mich. Ich setze mich an einen Tisch, hole Pergament und Kohle heraus und mache mich daran Hautbilder zu zeichnen, die mit meiner Vergangenheit zu tun haben. Auf meine rechte Unterarminnenseite soll Ragnar das Wappen Zorgans stechen, denn dort liegen meine Wurzeln. Vielleicht kann er sogar noch eine Kette um den Unterarm wickeln lassen um die Sklavenzeit Al'Anfas zu prägen. Auf mein linkes Schulterblatt einen Hirschkopf, in Gedenken an den Weißen Hirsch im Reichsforst, dort hat mein eigentliches Abenteuerleben begonnen. Den linken Oberarm wird ein Drachen zieren, mit der Suche in der Gor habe ich den unteren Teil verloren. Auf den linken oberen Brustmuskel soll er mir den Diskus von Rur und Gror stechen, denn dieser Glaube hat mir auf Maraskan geholfen. Auf das rechte Schulterblatt kommt eine Pyramide mit einem Auge dessen Pupille in Form eines großen Rubins gestaltet wird - der Stern von Selem. Auf den rechten Oberarm kommt eine Sanduhr, an der ich mich lange verkünstel. Im Inneren ein auf dem Kopf stehender Baum, dessen Laub in die Unterseite rieselt, in der Unterseite ein toter Baum. Vielleicht schafft es Ragnar sogar noch eine dunkle Eidechse mit ins Bild fließen zu lassen. Wenn das mal kein gutes Symbol für Dragenfeld ist. Unter meinem Nacken wird, nur linienförmig, ein Vampir über die Schultern seine Flügel spannen und darüber im Nacken direkt möchte ich einen Elementekreis um das Praioszeichen herum. Auf meinem Schädel rechts und links einen mit Linien verzierten Khunchomer und für aufs Brustbein vorne zeichne ich auf Tulamidya das Symbol für Schutz. Vorerst wars das... ich werde mir noch was für Andalkan überlegen... vielleicht einen Totenschädel umringt von blauen Flammen...
Ich lege den Stift weg und starre die Zeichnungen an. Es wird Wochen dauern und schmerzhaft werden, doch es wird Zeit den Schmerz der Vergangenheit zu ertragen und kraftvoll auf die Zukunft zu blicken.
Es ist schon später Nachmittag als ich mich mit den Blättern auf die Suche nach Ragnar begebe. Er ist nicht in der Akademie geblieben, sondern hat sich irgendwo in der Nähe des Hafens eine Herberge gesucht. Irgendwann werde ich fündig und klopfe an seine Tür. Nichts tut sich. Ich versuche die Tür zu öffnen, unverschlossen. Da sitzt er und sein Anblick versetzt mir einen kleinen Schreck. Er sitzt auf dem Boden, verwahrlost fallen ihm seine langen Haare ins Gesicht. Er hat sich sicherlich tagelang so gehen lassen. In der Hand einen Bierkrug, aus dem ein kleines Rinnsal läuft. Er blickt kurz hoch, starrt kurz auf meinen kahlen Kopf und senkt wieder den Blick.
Ich räusper mich "Ragnar, ich dachte du hättest dich besser im Griff, aber tu was du nicht lassen kannst, jeder geht auf seine Weise damit um. Falls du irgendwann gedenkst, wieder unter die Lebenden zu kommen, dann hätte ich eine Bitte an dich. Steche mir Hautbilder. Hier sind die Zeichnungen, die ich dafür angefertigt habe."
Ich lege die Blätter neben ihn und wende mich zum gehen....
"Mach wenigstens mal das Fenster auf, hier stinkts erbärmlich und nicht nur nach Magie. Ach und falls es dich interessiert - Rulat ist eine Gefängnisinsel vor der Küste Tobriens."
Kopfschüttelnd verlasse ich ihn wieder und laufe durch die Gassen Punins. Bei den Zwölfen... hätte ich bleiben sollen? Ihn wieder zur Vernunft bringen? Aber ich hätte gegen Windmühlen gesprochen, wie ich schon sagte, jeder geht anders damit um, der fängt sich schon wieder. Ich werde ihm noch ein paar Tage Zeit lassen...
Nach dem Zwischenfall in der Mensa hole ich meinen Umhang, ziehe mir die Kapuze tief ins Gesicht und gehe zum Hafen. In der Herberge von Ragnar, klopfe ich kurz an, doch als ich keine Antwort erhalte, öffne ich vorsichtig die Tür. Anstatt dem muffigen Biergestank von gestern, schlägt mir frische Luft entgegen, das Fenster ist auf, das Zimmer weitgehend ordentlich, doch Ragnar ist nicht hier.
Wenigstens ein Anfang, er scheint sich wieder gefangen zu haben...
Ich schließe die Tür wieder, setze mich vor die Herberge und bestelle ein Bier.
Er wird ja irgendwann wieder hier auftauchen...
Während ich auf den Flusshafen starre, geht mir das Gespräch aus der Mensa nochmals durch den Kopf...
Ardos Auftritt war heftig...ich war damals auch dagegen dem Bund der Schatten beizutreten, doch wie sonst hätten wir mehr erfahren sollen. Es war ein Anfang und es hat so sollen sein. Ob nun von den Göttern geplant oder nicht, spielt keine Rolle... häretische Polemik... pfh...warum soll man nicht an alle Mächte Alverans glauben können? Egal ob nun aus der Sicht der Maraskaner oder der Zwölfgöttergläubigen? Es geht nicht darum mich für mein Tun und Lassen zu entschuldigen, sondern darum nach meinem Gewissen zu handeln. Ob es den Alveraniern nun passt oder nicht, werde ich sehen, wenn mich einst der Tod ereilt und was kümmert es mich dann ob ich wiedergeboren werde, an Rondras Tafel sitze oder einfach nur von Golgaris Schwingen in ein Nichts treibe... ach verdammt ich werde unter niemandes Banner kämpfen, außer unter meinem eigenen. Ich werde zukünftig aufpassen müssen, was ich von mir gebe, ehe Ardo endgültig austickt. Man kann mich nicht ungläubig nennen, im Gegenteil...denn die Götter müssen mich lieben, wenn ich immer noch hier bin. Ich stehe unter ihrer aller Schutz und nicht nur unter einem von ihnen....Ardos trauriger Blick hat mich berührt. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht uns ebenfalls mit seinem Leben zu beschützen. Wie kann er das, wenn wir nicht beisammen sind... Doch ich vertraue darauf, dass Kaldrim derzeit, warum auch immer, unter Tsas besonderem Schutz steht, er wird wiederkehren und die Gemeinschaft wird fortbestehen. Es ist unser aller Schicksal. Eines Tages werden wir Seite an Seite kämpfen im Einklang, auch wenn der Weg dorthin kein leichter sein wird. Wenn unsere Gemeinschaft eins wird, dann steht Borbarad allein. Irgendwann werden wir es schaffen ihn aufzuhalten, dessen bin ich mir gewiss, auch wenn es unser gemeinsamer Tod sein wird. Dennoch gehe ich lieber mit Freunden in den Tod, als einsam und alleine zu sterben.
Meine Kehle ist trocken und schnell leere ich meinen Humpen, ehe ich mir einen neuen bestelle...
Ragnar schiebt sich durch die Menschen in Richtung seiner Herberge. Nachdem er mit dem Geweihten gesprochen hatte ging es ihm zwar kurzfrisitg besser, nun aber holen Ihn die Gedanken über das geschehene wieder ein. Dumpf gehen ihm die Gedanken durch den Schädel als er Yamira vor der Herberge sitzen sieht. Ragnar hält für einen Moment inne und betrachtet Sie für einen Augenblick. Ein tiefes Schnaufen entweicht seinen Lungen als er seinen Weg fortsetzt und seine Füße in Richtung seiner Gefährtin lenkt.
"Hast Du auf mich gewartet oder schmeckt Dir nur das Bier hier so gut?"
Noch immer sind unter Ragnars Augen tiefe dunkle Augenringe zu sehen. Eine große Last scheint auf seinen Schultern zu liegen denn er steht nicht Aufrecht sondern leicht nach vorne gebeugt vor Ihr.
________________________________________________ Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft - vielmehr aus unbeugsamen Willen.
Yamira zieht die Kapuze ein wenig zurück und schaut Ragnar abschätzend an
"Diese Plörre ist gut genug um einem die trockene Kehle anzufeuchten, Nordmann. Ja ich habe auf dich gewartet. Ich sehe du bist wieder unter den Lebenden, nachdem du dich so hast gehen lassen. Du siehst furchtbar aus! Liegt dir der Schlag, den wir erlitten haben, so schwer auf der Seele oder bist du nur noch zu schwach um aufrecht zu stehen? Ich wollte dich auf den neusten Stand bringen und mit dir über meine Hautbilder sprechen. Setz dich."
Schwer lässt sich Ragnar auf die Bank fallen. Mit einer beiläufigen Geste seines Fingers auf den Krug vor Yamira und einem Nicken signalisiert er dem Wirt dass auch er noch einen Krug möchte.
"Spotte nur, Skjellenhud. So wie Deine Launen mit der Flut kommen und der Ebbe gehen ist es nun diesesmal an mir. Es ist nicht die Niederlage an sich, die mir zu schaffen macht."
Ragnar verstummt als der Wirt den Krug bringt. Mit einem Nicken nimmt er den Krug entgegen und wartet bis der Wirt sich wieder vom Tisch entfernt hat.
"Ich bin schon sehr lange fern der Heimat, Yamira. Fern meiner Sippe, meiner Küste... Du kennst dieses Gefühl bestimmt. Doch auch das ist es nicht. Mein Volk ist oft lange fern der Heimat doch weiß es sich immer um der Gegenwart unseres großen Bruders. Vor dieser Insel, Yamira..." Ragnar stockt kurz und blickt in den Krug. "... vor dieser Insel habe ihc mich zum ersten Mal wirklich alleine gefühlt. Diese Warnung im Wasser, ich habe sie nicht ernst genug genommen. Es war keine billige Täuschung, es war kein Trick... es war eine Warnung von ihm... . Er hat versucht mich vor Hrangar zu warnen, vor ihrer Macht, doch wir segelten weiter. Das was wir dort erlebt haben waren Diener Hrangars, und wir konnten nichts gegen sie ausrichten."
Ragnar nimmt einen tiefen Schluck.
"Wir wachsen in dem Glauben auf dass wir eines Tages Seite an Seite mit Swafnir in den letzten Kampf gegen die Seeschlange ziehen und siegen werden. Doch was konnte ich gegen Ihre Diener ausrichten? Nichts, Yamira. Gar nichts. Ich habe Swafnir enttäuscht. Sag mir, wer würde Lieder hören wollen in denen Ragnar Starkardsson vor den ihren Dienern floh?"
Fragend blickt Ragnar in Yamiras Augen.
________________________________________________ Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft - vielmehr aus unbeugsamen Willen.
"Skell...was? Was heisst dieser Ausdruck? Du hättest nichts tun können um all das zu verhindern, bedenke, dass nicht wir dieses Schiff lenkten. Salpikon wäre ohnehin weitergesegelt, du hast nicht mehr tun können als uns warnen. Und haben uns nicht Delphine begleitet? Vielleicht standest du unter Swafnirs Schutz anstatt ihn enttäuscht zu haben, schonmal daran gedacht? Die Lieder die ihr euch zu Ehren singt, erzählen nicht immer nur wichtige Taten. Kein Skalde, so heißen sie doch oder?, kein Skalde singt bisher von deinen großen Taten, die du bisher vollbracht hast. Keine Lieder singen von Lichterbrücken, Kuppeln von Dunkelheit oder der Anrufung von Elementaren in der Not. So leg nicht soviel Wert auf das was man von dir denken möge, sondern sei dir bewusst darüber, dass du bisher wichtiges geleistet hast. Es mögen Hrangars Diener gewesen sein, doch nicht sie selbst, du hast niemanden enttäuscht ausser vll. dich selbst. Du musst lernen Niederlagen wegzustecken. Auch wenn Andalkan die deutlich Schlimmste bisher war. Wusstest du eigentlich, dass eure Hrangar nicht bei allen Völkern eine dämonische Seeschlange ist?"
Sie lässt eine kurze Pause
"Ardo hat sich blicken lassen und er war äußerst erbost, dennoch hat er es sich zur Aufgabe gemacht all diejenigen, deren Schicksal verknüpft ist zu schützen. Doch Kaldrim ist einer Tsa-Geweihten verfallen.Ich weiss nicht, was geschehen ist, aber auch er wirkt verändert und er will morgen früh mit der Geweihten in die Khom aufbrechen. Ardo hat sehr betrübt die Akademie daraufhin verlassen. Wir alle sind noch immer uneins und solange sich das nicht ändert, werden wir auch keine Siege erringen. So trennen sich erneut die Wege anstatt dass wir zusammenwachsen. Was hast du jetzt vor? Und was sagst du zu meinen Zeichnungen?"
"Skjellenhud, das bedeutet Schuppenhaut... und bevor Du Dich darüber aufregst, bei meinem Volk ist es üblich sich derartige Spitznamen zu verpassen."
Erneut nimmt Ragnar einen tiefen Schluck aus dem Krug.
"Ja, so ist es kein Skalde singt von meinen Taten, denn bislang ist nicht viel ruhmreiches geschehen. Du selbst hast schon oft erwähnt, dass wir IHM immer nur hinterherlaufen, dass er uns immer einen Schritt voraus ist. Wie soll ich mir meinen Platz an der Seite Swafnirs verdient haben? Würde ich heute sterben, am jüngsten Tag wäre ich nicht in seinem Gefolge im Kampf gegen die Schlange. Eine Kuppel aus Dunkelheit? Ein beschworener Elementar? Das ist nichts ruhmreiches. Ja, ich habe verhindert dass sie die Edelsteine bekommen, aber das war es auch schon."
Nach einem weiteren Schluck der den Krug leert wischt sich Ragnar mit dem Handrücken den schaum aus dem Bart. "Niederlagen kann ich wegstecken, Yamira, doch braucht man auch Siege dafür. Du kannst ein Schiff nicht immer nur nach Steuerbord fahren, sonst bewegst Du Dich im Kreis und kommst niemals an."
Für einen kurzen Augenblick schweigt er und blickt in die Leere. Dann plötzlich, als habe er es eben erst wirklich realisiert, zieht er die Augenbrauen zu einem fragenden Blick nach oben. "Kaldrim will was? In die Khom? Mit einer Tsa-Geweihten? Hat er gesagt was er dort vorhat oder sitzt bei ihm nur eine Planke locker?"
________________________________________________ Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft - vielmehr aus unbeugsamen Willen.
"Keine Sorge, der Name ärgert mich keineswegs, ist er doch recht passend. Und ich verstehe was du meinst, aber keiner kann ruhmreiche Taten vollbringen, wenn er an sich selbst zweifelt. Der Tag wird kommen, an dem du ruhmreiches vollbringst und man wird Lieder über Ragnar Starkadson singen, wenn auch vielleicht erst nach unserem Tod. Doch wer kann schon ruhmreicheres leisten, als sich immer wieder ihm in den Weg zu stellen. Ich denke genau wie du dass bisher alles sinnlos war, aber aufgeben dürfen wir uns nicht, vor allem nicht uns selbst.
Ja Kaldrim will zu irgendeinem Ort in der nördlichen Khom und was viel schlimmer ist, er will uns nicht dabei haben. Das Vertrauen ist wohl dahin, wenn denn je eines vorhanden war. Er wirkte sehr verletzt in seinem Inneren."
Verärgert haut Ragnar mit der Faust auf den Tisch.
"Er will uns nicht dabei haben? Diesen Floh hat ihm doch diese Tsa-Geweihte in's Ohr gesetzt. Was will er denn alleine in der Khom in der er keine zwei Tage überleben wird? Mir scheint dass ihn jemand wieder zur Vernunft bringen muss. Weisst Du wo er sich gerade aufhält?
Und noch bevor Yamira antworten kann setzt Ragnar nach:
"Und was redest Du von zerstörtem Vertrauen? Welchen Anlass sollte es dazu geben?"
________________________________________________ Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft - vielmehr aus unbeugsamen Willen.
" Das fragst du noch? Du hast doch gesehen, dass er seinen Falken zu den Rebellenschiffen schickte, sie sogar zur Umkehr zwang, trotzdem haben wir sie versenkt... In seinen Augen unschuldige...Unser Weg ist oft nicht der seine und ständig rügen wir ihn wegen seiner Art, wobei ich immer nur Spaß darin sah, doch er sprach sogar von Verachtung ihm gegenüber! Ich weiß nicht, was diese Geweihte mit ihm gemacht hat, aber er ist nicht mehr der alte. Keine Ahnung wo er sich nun wieder rumtreibt."